Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel: Was neue Hausbesitzer wissen müssen

Der Erwerb eines Eigenheims ist für viele ein Lebenstraum - doch beim Kauf oder der Erbschaft einer älteren Immobilie können unerwartete Verpflichtungen auf neue Eigentümer zukommen. Eine dieser Verpflichtungen ist die sogenannte Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel. Diese verpflichtet neue Eigentümer, bestimmte energetische Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, um den Energieverbrauch von Bestandsgebäuden zu reduzieren und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Was ist die Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel?
Die Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel ist im Gebäudeenergiegesetz (GEG) verankert und betrifft neue Eigentümer von Bestandsgebäuden. Sie verpflichtet diese, innerhalb von zwei Jahren nach dem Eigentumsübergang bestimmte energetische Maßnahmen umzusetzen. Ziel ist es, die Energieeffizienz von Bestandsgebäuden zu erhöhen und somit den Energieverbrauch und die CO₂-Emissionen zu senken.
Das GEG unterscheidet dabei zwischen Nachrüstpflichten, die automatisch bei einem Eigentümerwechsel greifen, und weitergehenden energetischen Anforderungen, die bei umfassenden Sanierungen oder Erweiterungen relevant werden. Die Sanierungspflicht gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob das Gebäude selbst genutzt oder vermietet wird. Auch spielt es keine Rolle, ob die Immobilie gekauft oder geerbt wurde.
Welche Sanierungspflichten gelten konkret?
Das GEG definiert mehrere Pflichtmaßnahmen, die neue Eigentümer innerhalb von zwei Jahren nach dem Eigentumsübergang umsetzen müssen:
1. Austausch alter Heizungsanlagen
Öl- oder Gasheizungen, die vor dem 1. Januar 1991 installiert wurden und älter als 30 Jahre sind, müssen ausgetauscht werden. Diese Regelung betrifft hauptsächlich veraltete Konstanttemperatur-Kessel, die einen deutlich höheren Energieverbrauch aufweisen als moderne Heizsysteme.
Wichtige Ausnahmen:
Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel sind von der Austauschpflicht befreit
Anlagen mit einer Nennleistung unter 4 kW oder über 400 kW
Heizkessel, die ausschließlich der Warmwasserbereitung dienen
Anlagen für erneuerbare Energien (Wärmepumpen, Solarthermie, etc.)
2. Dämmung der obersten Geschossdecke
Ungedämmte oder unzureichend gedämmte oberste Geschossdecken beheizter Räume müssen nachträglich gedämmt werden, sofern der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 nicht erreicht wird. Der geforderte U-Wert beträgt maximal 0,24 W/(m²K).
Alternativ kann statt der Geschossdecke auch das darüberliegende Dach gedämmt werden, wenn dies bereits bewohnt oder als Aufenthaltsraum genutzt wird.
3. Dämmung von Heizungs- und Warmwasserleitungen
Heizungs- und Warmwasserleitungen sowie Armaturen in unbeheizten Räumen müssen mit einer Wärmedämmung versehen werden, wenn sie bisher ungedämmt sind. Die Dämmschichtdicke muss mindestens dem Innendurchmesser der Rohre entsprechen, maximal jedoch 100 mm.
Betroffen sind insbesondere:
Rohrleitungen in Kellern, Dachböden oder Technikräumen
Verteilerleitungen in nicht beheizten Bereichen
Armaturen wie Ventile, Pumpen und Speicher
Welche Rolle spielt der Energieausweis?
Der Energieausweis ist beim Verkauf oder der Vermietung von Immobilien verpflichtend vorzulegen und gibt Aufschluss über den energetischen Zustand eines Gebäudes. Für neue Eigentümer ist der Energieausweis ein wichtiges Dokument, um den energetischen Zustand der Immobilie zu bewerten und notwendige Sanierungsmaßnahmen zu planen. Er zeigt, ob das Gebäude energetisch schwach ist und welche Modernisierungen empfohlen werden.
Wichtige Informationen aus dem Energieausweis:
Energieeffizienzklasse des Gebäudes (A+ bis H)
Jährlicher Energiebedarf oder -verbrauch
CO₂-Emissionen des Gebäudes
Empfehlungen für kostengünstige Modernisierungsmaßnahmen
⏰ Fristen und Umsetzungszeiträume - Das müssen Sie beachten
Die Einhaltung der gesetzlichen Fristen ist entscheidend, um Bußgelder zu vermeiden. Hier alle wichtigen Termine im Detail:
Grundfrist: 2 Jahre für alle Sanierungsmaßnahmen
Maßnahme | Frist | Beginn der Frist | Beispiel |
---|---|---|---|
Heizungsaustausch | 2 Jahre | Tag des Eigentumsübergangs | Kauf am 15.03.2024 → Frist bis 15.03.2026 |
Geschossdeckendämmung | 2 Jahre | Tag des Eigentumsübergangs | Erbschaft am 01.07.2024 → Frist bis 01.07.2026 |
Leitungsdämmung | 2 Jahre | Tag des Eigentumsübergangs | Schenkung am 10.12.2024 → Frist bis 10.12.2026 |
⚠️ Kritische Stichtage und Fristen
Fristbeginn bei verschiedenen Eigentumsübergängen:
Kauf: Tag der notariellen Beurkundung (nicht Grundbucheintrag!)
Erbschaft: Todestag des Erblassers
Schenkung: Tag der notariellen Beurkundung
Zwangsversteigerung: Tag des Zuschlags
Verjährung bei Bußgeldern: 3 Jahre nach Fristablauf
📅 Zeitplan für optimale Umsetzung
Sofort nach Eigentumsübergang (Monat 1-3):
Energieausweis auswerten
Energieberater beauftragen
Bestandsaufnahme durchführen
Fördermittel beantragen
Planungsphase (Monat 3-9):
Kostenvoranschläge einholen
Handwerker beauftragen
Baugenehmigungen beantragen (falls erforderlich)
Material bestellen
Umsetzungsphase (Monat 9-21):
Sanierungsmaßnahmen durchführen
Abnahme durch Fachbetriebe
Dokumentation erstellen
Pufferzeit (Monat 21-24):
Nachbesserungen
Behördliche Abnahme
Fristwahrende Fertigstellung
⚡ Sonderfristen und Ausnahmen
Heizungsnotfall: Bei einem Heizungsdefekt während der laufenden Frist verlängert sich diese nicht automatisch. Planen Sie daher frühzeitig!
Witterungsbedingte Verzögerungen: Dämmarbeiten können witterungsbedingt nur in bestimmten Monaten durchgeführt werden - berücksichtigen Sie dies bei der Zeitplanung.
Handwerkermangel: In Zeiten hoher Nachfrage können sich Wartezeiten für Handwerker erheblich verlängern. Starten Sie die Beauftragung daher so früh wie möglich.
Seit wann gilt die Sanierungspflicht?
Die Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel ist nicht neu, sondern hat eine längere Entwicklungsgeschichte:
2002: Mit der ersten Energieeinsparverordnung (EnEV) wurden grundlegende Nachrüstpflichten eingeführt.
2014: Die EnEV 2014 verschärfte die Regelungen und führte die heute noch gültigen Bestimmungen ein.
2020: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) löste die EnEV ab und übernahm die bestehenden Sanierungspflichten im Wesentlichen unverändert.
2024/2025: Durch die Novelle des GEG wurden weitere Verschärfungen bei Heizungsanlagen eingeführt, die ab 2024 schrittweise greifen.
Spezielle Regelungen für verschiedene Immobilientypen
Ein- und Zweifamilienhäuser
Eigentümer, die bereits vor dem 1. Februar 2002 in ihrem Ein- oder Zweifamilienhaus gewohnt haben, sind von der Sanierungspflicht befreit - allerdings nur, solange sie selbst Eigentümer bleiben. Diese sogenannte "Bestandsschutzregelung" gilt auch für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner.
Wichtig: Sobald das Haus verkauft oder vererbt wird, greifen die Sanierungspflichten für die neuen Eigentümer vollumfänglich.
Mehrfamilienhäuser
Bei Mehrfamilienhäusern gelten die Sanierungspflichten ohne Ausnahmen. Hier spielt es keine Rolle, ob der Vorbesitzer bereits lange im Gebäude gewohnt hat.
Denkmalgeschützte Gebäude
Bei denkmalgeschützten Immobilien können Sanierungspflichten entfallen, wenn sie mit den Auflagen des Denkmalschutzes unvereinbar sind. Dies muss jedoch im Einzelfall geprüft und von der zuständigen Denkmalschutzbehörde bestätigt werden.
Unwirtschaftlichkeit
Wenn Sanierungsmaßnahmen wirtschaftlich unzumutbar sind, können Ausnahmen gewährt werden. Als unzumutbar gelten in der Regel Kosten, die nicht innerhalb angemessener Zeit durch Energieeinsparungen refinanziert werden können.
Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten
Die Kosten für die Erfüllung der Sanierungspflichten variieren je nach Gebäudezustand und erforderlichen Maßnahmen:
Geschossdeckendämmung: 15-25 Euro pro m² Rohrleitungsdämmung: 10-20 Euro pro laufendem Meter Heizungsaustausch: 15.000-40.000 Euro je nach System
Fördermöglichkeiten nutzen
Verschiedene Förderprogramme können die finanzielle Belastung erheblich reduzieren:
BAFA-Förderung: Bis zu 70% Förderung für den Heizungstausch bei Umstellung auf erneuerbare Energien
KfW-Kredite: Günstige Kredite für energetische Sanierungsmaßnahmen
Steuerliche Absetzbarkeit: 20% der Kosten über drei Jahre von der Steuer absetzbar
🕵️ Wer kontrolliert die Sanierungspflicht?
Zuständige Behörden und Kontrollinstanzen
Primäre Zuständigkeit: Kommunale Baubehörden Die Einhaltung der Sanierungspflicht wird von den zuständigen Bau- oder Energiebehörden der Länder kontrolliert. Die Kommune ist als untere Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich für die Kontrolle der Pflichten aus dem GEG zuständig.
Bevollmächtigte Schornsteinfeger als Kontrolleure Lokale Baubehörden und bevollmächtigte Schornsteinfeger übernehmen in Deutschland die Überprüfung, unterstützt durch die Vorgaben des Gebäude-Energie-Gesetzes (GEG). Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger:innen überprüfen im Rahmen der Feuerstättenschau, ob alte Heizkessel ausgetauscht und die Rohrleitungen gedämmt wurden und ob die heizungstechnischen Anlagen dem Gebäude-Energie-Gesetz entsprechen.
📋 Kontrollmechanismen in der Praxis
Feuerstättenschau als Hauptkontrolltermin Die Feuerstättenschau findet zweimal innerhalb von sieben Jahren statt. Zwischen den Feuerstättenschauen muss dabei mindestens ein Abstand von 3 Jahren liegen. Der Schornsteinfeger überprüft die Dämmung der Rohrleitungen, ein Austauschen von alten Heizkesseln und ob alle heizungstechnischen Anlagen den Voraussetzungen des GEG entsprechen.
Stichprobenartige Kontrollen In vielen Fällen erfolgt die Prüfung im Rahmen von Stichproben oder bei Anträgen für Fördermittel und Genehmigungen. In der Praxis erfolgt das oft stichprobenartig oder bei Eigentümerbeschwerden.
Kontrolle bei Fördermittel-Anträgen Behörden nutzen auch Gelegenheiten wie Anträge auf Fördermittel oder Baugenehmigungen, um die Einhaltung der Sanierungspflichten zu überprüfen.
⚠️ Meldung von Verstößen
Bei Verstößen setzen Schornsteinfeger:innen eine Frist, um den Auflagen nachzukommen. Lassen Sie die Frist verstreichen, wird die zuständige Behörde informiert.
Wichtiger Hinweis: Auch Käuferinnen und Käufer haften, selbst wenn die Immobilie vorher vom Verkäufer nicht korrekt saniert wurde.
Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Fristen
Die Nichteinhaltung der 2-Jahres-Frist kann teuer werden. Hier die konkreten Konsequenzen:
💸 Bußgelder nach Fristablauf
Zeitraum nach Fristablauf | Bußgeldhöhe | Zusätzliche Maßnahmen |
---|---|---|
1-6 Monate | 5.000 - 15.000 € | Aufforderung zur Nachbesserung |
6-12 Monate | 15.000 - 30.000 € | Zwangsandrohung |
über 12 Monate | 30.000 - 50.000 € | Zwangsdurchführung auf Kosten des Eigentümers |
⚖️ Weitere rechtliche Konsequenzen
Gemäß § 108 GEG handelt es sich bei Verstößen oftmals um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € geahndet werden kann. Eine Missachtung der Fristen oder das Vermeiden notwendiger Modernisierungen kann darüber hinaus auch zu Fristsetzungen durch das zuständige Bauamt führen sowie zu Eintragungen im Baulastenverzeichnis.
Ersatzvornahme: Behörden können Sanierungsmaßnahmen auf Ihre Kosten durchführen lassen - oft zu deutlich höheren Preisen als bei eigenständiger Beauftragung.
Verkaufshindernisse: Befindet sich das Gebäude beispielsweise im Verkauf, kann es zu Regressansprüchen des Käufers oder zur Minderung des Verkehrswerts kommen.
Versicherungsschutz: Einige Versicherungen können Leistungen verweigern, wenn gesetzliche Sanierungspflichten nicht erfüllt wurden.
🕒 Verjährungsfristen für Bußgelder
Verjährung: 3 Jahre nach Fristablauf
Hemmung: Bei behördlichen Ermittlungen oder Verfahren
Neuberechnung: Bei jedem behördlichen Kontakt
Praktische Tipps für neue Eigentümer
🚨 Sofortmaßnahmen nach dem Eigentumserwerb (erste 30 Tage)
Woche 1-2:
[ ] Energieausweis detailliert auswerten
[ ] Gebäudebegehung mit Fachmann terminieren
[ ] Fristen in Kalender eintragen
[ ] Kontakt zu Energieberatern aufnehmen
Woche 3-4:
[ ] Kostenvoranschläge für Sanierungsmaßnahmen einholen
[ ] Fördermöglichkeiten prüfen und beantragen
[ ] Finanzierung klären
[ ] Handwerker-Termine vereinbaren
⏱️ Kritische Zeitfenster beachten
Heizperiode (Oktober - März):
Heizungsaustausch nur bedingt möglich
Längere Ausfallzeiten einplanen
Alternative Heizlösungen vorbereiten
Bausaison (April - September):
Dämmarbeiten optimal durchführbar
Höhere Handwerkerauslastung
Frühzeitige Terminvergabe erforderlich
Jahresende-Effekt:
Fördermittel oft zum Jahresende ausgeschöpft
Handwerker haben Kapazitätsengpässe
Preise können steigen
Zukunftsausblick: Was kommt auf Eigentümer zu?
Die Bundesregierung plant weitere Verschärfungen der energetischen Anforderungen. Ab 2024 gilt bereits die neue Heizungsregelung, die den Einbau von Heizungen mit 65% erneuerbaren Energien vorschreibt. Auch die energetischen Standards für Gebäude sollen schrittweise angehoben werden.
Geplante Änderungen:
Verschärfung der U-Werte für Dämmmaßnahmen
Ausweitung der Sanierungspflichten auf weitere Gebäudeteile
Strengere Kontrollen und höhere Bußgelder
Fazit und Handlungsempfehlungen
Die Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel ist eine ernsthafte Verpflichtung, die bereits bei der Kaufentscheidung berücksichtigt werden sollte. Eine frühzeitige Bestandsaufnahme durch einen Energieberater oder Bausachverständigen hilft, die anfallenden Kosten realistisch einzuschätzen.
Gleichzeitig bieten die Sanierungsmaßnahmen auch Chancen: Sie können den Wert der Immobilie steigern, Energiekosten senken und den Wohnkomfort verbessern. Zudem stehen verschiedene Förderprogramme zur Verfügung, die die finanzielle Belastung reduzieren können.
Unser Tipp: Sehen Sie die Sanierungspflicht nicht als lästige Verpflichtung, sondern als Chance für eine zukunftsfähige und wertstabile Immobilie. Mit der richtigen Planung und professioneller Unterstützung lassen sich die Anforderungen effizient und kostengünstig umsetzen.
Wir beraten Sie gerne zur konkreten Umsetzung von einzelnen energetischen Sanierungsmaßnahmen. Sprechen Sie und hierzu gerne an. Unser Netzwerk von Handwerkern und Dienstleistern unterstützt Sie vollumfänglich bei der Umsetzung der gestzlichen Anforderungen.